Die verfluchte Mehrheit

Nicht nur fällt dem Deutschen das Fluchen statistisch signifikant schwer, er ist auch noch bemerkenswert unkreativ in dieser weltweit geachteten Tätigkeit. Genau wie das vielgescholtene Fehlen eines Humors ist auch die fehlende Farbigkeit seiner Kraftausdrücke eine typisierende Eigenschaft des Landsmanns, der sein Können häufig überschätzt. Der Ureinwohner zeichnet sich durch die eigentümliche Eigenschaft aus, dass er zur Bemühung von Kraftausdrücken meist auf Fäkalien zurückgreift oder Körperöffnungen bemüht, die mit Fäkalien in Beziehung stehen. Farbenfrohe Kombinationen sexueller, religiöser und kodierter Art findet man hingegen nur vereinzelnd.
Wahrscheinlich ist dem Deutschen im Allgemeinen – der seinen ihn charakterisierenden Humor von einer der endlosen Wiederholungen der Mario-Barth-Shows entleiht – dieser Umstand weitestgehend unbewusst. Zuzügler aus anderen kulturellen Bereichen fällt dieses Manko jedoch recht schnell auf. Solange der schwarz-rot-goldene Bürger im eigenen Saft bleibt, gilt er als wenig freundliches, allerdings dafür höfliches Gewächs. Im Ausland punktet er hingegen nicht zwangsläufig, da ihm die Höflichkeitsfloskeln anderer Landessprache meist ungeläufig sind. Der Scherz, dass ein Deutscher in England sein Schnitzel mit den folgenden Worten bestellt: „I become a bloody steak“, ist ein grober Hinweis auf fehlende kulturelle Umgangsformen und nur ein Beispiel hierfür. Ebenfalls sei an dieser Stelle vermerkt, dass ein „I want…“, nicht gleichbedeutend mit einem „Could you get me..“, oder einem „Ich wünsch mir…“, ist. Dies sei nur am Rande angemerkt und spielt im weiteren Verlauf des Textes keine weitere Rolle. Ein wenig mehr Höflichkeit wäre trotzdem wünschenswert.
Spanier, so erfuhr ich aus eigenen Untersuchungen, fluchen gerne und wohl durchdacht. In meinem Buch „Die bepisste Fee“ habe ich einen dieser Flüche übersetzt. Die Südländer sind zwar für Speis, Sonne und Sangria bekannt, dürfen sich meiner Meinung nach allerdings auch für ihre blumige Flüche rühmen. Die Kombination, die ich am Anfang des zweiten Kapitels bemühe, ist eine direkte Übersetzung aus dem Spanischen. Der Satz, der verstorbene Vorfahren in heißer Umgebung mit den Genitalien eines Unpaarhufers in Verbindung setzt, halte ich für ein glorreiches Beispiel für den Erfindungsreichtum der Menschheit.
Auch andere Flüche wurden umständlich ins Deutsche übertragen, weil sie keine Entsprechungen in unserer Sprache finden.

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